Welche Vertragsarten gibt es?
Fünf Vertragsarten und ihre Besonderheiten
- Unsere Zusammenstellung wird dir leider nicht eindeutig sagen können, ob dein Vertragsangebot „gut“ oder „schlecht“ ist, dafür sind die Bedarfe von Musiker*innen zu divers und das wirkliche Arbeitsinvestment von Labelseite individuell.
- ABER: Sie soll dich mit Grundinformationen ausstatten, die dich zu einem informierteren Gegenüber machen.
Bandübernahmevertrag (BÜV)
Ein Bandübernahmevertrag ist eine Form des Plattenvertrags, bei dem Künstler*innen oder Produzent*innen bereits fertig produzierte Tonaufnahmen (Masterbänder) einem Label zur Veröffentlichung und Vermarktung überlassen. Bei dieser Vertragsart finanzieren die Künstler*innen die Aufnahmen selbst.
Wer zahlt was:
- Künstler*innen: Tragen die Kosten für Aufnahme, Mixing und Mastering
- Label: Übernimmt die Kosten für Marketing, Vertrieb und Promotion.
Wem gehören welche Rechte:
- Künstler*innen: Urheber- und Leistungsschutzrechte
- Label: (meist) Exklusive Verwertungsrechte an den Masteraufnahmen für festgelegten Zeitraum
Wichtigsten Verhandlungpunkte des Vertrags:
- Umfang der Rechteeinräumung: Welche Rechte (z. B. Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Aufführung) werden wie lange an das Label übertragen? Tipp Laufzeiten: Die Rechte an den Aufnahmen fallen üblicherweise 8-15 Jahre nach Veröffentlichung an den*die Künstler*in zurück.
- Vorschuss und Rückzahlung: Höhe des Vorschusses und Bedingungen für dessen Rückzahlung (Recoupment) festlegen.
- Umsatzbeteiligung bzw. Lizenz: Prozentsatz der Einnahmen, den die Künstler*innen erhalten, und die Berechnungsgrundlage bzw. die sog. „Abrechnungsbasis“ definieren.
Gängige Shares:
Zusammen verhandelt: zwischen 18-35%, sowohl für physische als auch für digitale Verkäufe
Getrennt verhandelt:
Physische Verkäufe: 18% – 28% vom HAP (+ WVK)
Digitale Verkäufe: sehr unterschiedlich, 18%-60%
- Übliche Lizenzreduzierungen: Technikabzüge etc.
- Marketing- und Promotionsverpflichtungen: Verpflichtungen des Labels hinsichtlich der Promotion, z.B. Videokosten und des Marketings der Aufnahmen festhalten.
- Kontrollrechte: Klären, inwieweit Künstler*innen Einfluss auf die Vermarktungsstrategien, auf Werbekooperationen und auf kreative Entscheidungen haben. siehe auch >Vetorecht
- Rückfallklausel: Regeln, unter welchen Bedingungen die Rechte nach Vertragsende an die Künstler*innen zurückfallen.
- Nebenrechte: Welche Nebenrechte möchte das Label und wie sieht deren Arbeit dabei aus?
Vertriebsvertrag / Distributions- /Dis-Deal
Der Vertriebsvertrag konzentriert sich ausschließlich auf die Distribution bereits fertiger Musik. Das heißt für den*die Künstler*in: Größte Kontrolle und meiste Arbeit. Mehr Einnahmen und mehr Ausgaben!
Wer zahlt was:
- Künstler*innen: Tragen die Produktionskosten (Aufnahme, Mixing, Mastering) sowie in der Regel auch die Kosten für visuelle Inhalte (Coverdesign, Musikvideos).
- Label/Vertrieb: Übernimmt die Kosten für den Vertrieb, gegebenenfalls einen Teil des Marketings und der Promotion, sowie gegebenenfalls einen Vorschuss.
Wem gehören welche Rechte:
- Künstler*innen: Urheber- und Leistungsschutzrechte, Masterrechte
- Label/Vertrieb: Erhält keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte und Leistungsschutzrechte oder Eigentumsrechte an der Musik, sondern lediglich das zeitlich festgelegte Recht, die Aufnahmen zu vertreiben.
Vertriebsrechte/ Auswertungsdauer Vertriebsvertrag: Zeitlich meist zwischen zwei und fünf Jahren, wenn vom Vertrieb Zusatzleistungen erbracht werden (Marketing und Promotion) auch länger.
Wichtigsten Verhandlungpunkte des Vertrags:
- Vorschuss und Rückzahlung: Deckt die Höhe des Vorschusses die Kosten, die auf Künstler*innenseite aufkommen?
- Umsatzbeteiligung (Royalties): Prozentsatz der Einnahmen, den die Künstler*innen erhalten festlegen und die Abrechnungsgrundlage definieren – meist der Nettoerlös der beim Vertrieb eingeht.
Gängige Shares:
Physische Verkäufe: 80-70%, je nachdem, ob der Vertrieb Geld in Marketing- und Promotionsleistungen investiert.
Nicht-Physische Verkäufe: 80 bis 85% – 70 bis 50%, je nachdem, ob Vertrieb Geld in Marketing- und Promotionsleistungen investiert – siehe Artist-Service -Deal unten.
- Marketing- und Promotionsverpflichtungen: Verpflichtungen des Labels/Vertriebs hinsichtlich der Promotion und des Marketings der Aufnahmen festhalten.
- GVL-Gelder klären: Wer ist vor der GVL der*die Hersteller*in der Musik & erhält dementsprechend die Einnahmen aus der GVL? Von wem kommt die LC Nummer?
Artist-Service-Deal – besondere Version des Vertriebsvertrages
Hier erwirbt das Label keine urheberrechtlichen Nutzungs- und Leistungsschutzrechte oder Eigentumsrechte an den Masteraufnahmen, sondern stellt spezifische Dienstleistungen zur Verfügung, um die Musik der*des Künstler*in zu vermarkten und zu vertreiben.
Wer zahlt was:
- Künstler*in: Übernimmt meist die Produktionskosten (Aufnahme, Mixing, Mastering) und trägt einen Teil der Promotion- und Marketingkosten.
- Label/Vertrieb: Leistet bestimmte Marketing-, Vertriebs- und Promotionsaufgaben im Rahmen der vereinbarten Dienstleistungen. Je nach Umfang der Leistungen wird der Anteil des Labels am Umsatz angepasst.
Wem gehören welche Rechte:
- Künstler*innen: Masterrechte. Der*die Künstler*in kann nach Vertragsende die Aufnahmen weiterhin nutzen oder auch neue Partner*innen einbinden.
- Label/Vertrieb: Erhält keine urheberrechtlichen Nutzungs- und Leistungsschutzrechte und Eigentumsrechte, sondern lediglich das vertraglich festgelegte Recht die Aufnahmen zu vertreiben (Vertriebsrecht) und bestimmte Dienstleistungen (z.B. Marketing- und Promotiondienstleistungen) durchzuführen.
Vertriebsrechte/ Auswertungsdauer Artist-Service-Deal: Zeitlich meist länger als beim reinem Vertriebsvertrag: 5 – 12 Jahre. Promotions- und Marketingleistungen müssen meist zunächst zu 100% recoupt werden. Verhandelbar!
Wichtigsten Verhandlungpunkte des Vertrags:
- Umsatzbeteiligung des Vertriebs/Labels: Definieren, welcher Prozentsatz des Umsatzes dem Vertrieb/ Label für seine Dienstleistungen zustehen. Oft bewegt sich dieser Anteil zwischen 25 % und 30 %, je nach Leistung.
- Transparente Abrechnungsmodalitäten: Regelmäßig definierte Abrechnungszeiträume und klare Berichte sind wichtig, um die Wirksamkeit der Dienstleistungen nachvollziehen zu können.
- Besonderes Augenmerk auf Leistungsversprechen: Vertraglich festgehaltene Zusagen zu den Leistungen, die das Label erbringen wird. Konkrete Zielsetzungen und KPIs (Key Performance Indicators) können helfen, die Erfüllung der Leistungen zu bewerten.
- Kündigungsoptionen und Vertragsbeendigung: Vereinbaren, unter welchen Bedingungen der Vertrag vorzeitig beendet werden kann, etwa bei Nichterfüllung der vereinbarten Leistungen.
- GVL-Gelder klären: Wer ist vor der GVL der*die Hersteller*in der Musik & erhält dementsprechend die Einnahmen aus der GVL? Von wem kommt die LC Nummer?
Profit-Split-Deal
Ein Profit-Split-Deal ist eine moderne und flexible Vertragsart, bei der die Einnahmen zwischen Künstler*in und Label nach Abzug aller Kosten aufgeteilt werden. Daher auch der Name Profit (= Gewinn) – Split ( = Teilen) Deal.
Wer zahlt was:
Die Aufteilung der Kosten ist oft flexibel und wird individuell festgelegt, da sich beide Seiten die Einnahmen teilen.
- Künstler*in: Trägt je nach Vereinbarung einen Teil oder alle Produktionskosten (z. B. Aufnahme, Mixing, Mastering) und gegebenenfalls auch Marketing- und Promotionkosten.
- Label: Übernimmt je nach Absprache einen Teil der Kosten für Promotion, Vertrieb und Marketing.
Wem gehören welche Rechte:
- Künstler*in: Masterrechte, Urheber*innen- und Leistungsschutzrechte
- Label: Erhält meist keine urheberrechtlichen Nutzungs- und Leistungsschutzrechte und Eigentumsrechte, sondern einen Anspruch auf einen prozentualen Anteil am Gewinn für die Dauer der Vertragslaufzeit.
Wichtigsten Verhandlungpunkte des Vertrags:
- Gewinnaufteilung: Der wichtigste Punkt ist die prozentuale Aufteilung des Gewinns. Übliche Verhältnisse liegen zwischen 50/50 und 70/30 zugunsten des* der Künstler*in, abhängig von den Kosten und der Aufgabenverteilung.
- Kostenaufteilung: Definiert, welche Kosten für Produktion, Marketing und Promotion beide Parteien tragen und welche davon vor der Gewinnverteilung abgezogen werden. Absprechen, wie die Eigenleistungen des Labels finanziell bewertet werden und wie der Kostennachweis dafür aussieht.
- Vorschuss und Recoupment: Falls ein Vorschuss gezahlt wird, muss klar sein, ob und wie dieser aus den Einnahmen zurückgezahlt wird. Auch muss klar sein, welche Ausgaben des Labels recouped werden müssen.
- Promotion- und Marketingpflichten des Vertriebs/Labels: Es ist wichtig, klare Zusagen zur Art und zum Umfang der Marketing- und Promotionsmaßnahmen festzulegen.
Künstlerexklusivvertrag
Ein Künstlerexklusivvertrag ist die umfassenste Vereinbarung, bei der ein*e Künstler*in exklusiv an ein Label gebunden wird und eher ein Relikt aus prädigitalen Zeiten. Das Label übernimmt dabei die volle Verantwortung für die Produktion, Vermarktung und Verbreitung der Musik.
Wer zahlt was:
- Künstler*innen: Tragen keine Kosten
- Label: Trägt in der Regel die gesamten Produktionskosten, Promotion und den Vertrieb.
Wem gehören welche Rechte:
- Künstler*innen: Urheber- und Leistungsschutzrechte aber die urheberechtlichen Nutzungsrechte und die Leistungsschutzrechte werden meist sehr lang oder sogar zeitlich unbeschränkt auf das Label übertragen.
- Label: Erhält die Nutzungsrechte und die Leistungsschutzrechte an allen Aufnahmen, die während der Vertragslaufzeit entstehen. Auch wenn die Musik unter einem anderen Künstler*innennamen hergestellt wird. Das Label kann entscheiden, wie und wann die Musik verwendet und lizenziert wird.
Wichtigsten Verhandlungpunkte des Vertrags:
- Künstlerlizenz: 6% bis max. 12%
- Vorschüsse: Sind geringer als bei anderen Vertragsarten, da sämtliche Produktionskosten neben den Promotions- und Marketingkosten vom Label übernommen werden.
- Rechteübertragung: Beim Major meist zeitlich unbeschränkt.